Teil 1 – Was mich die Symptome körperlich lehrten.
WUT
In den letzten 3-4 Wochen hat mir mein Körper ein ganz klares STOP Zeichen gegeben.
Ich fühlte mich krank und schwach. Musste liegen, schlafen, mich ausruhen. Das iganze ging jedoch ziemlich schnell vorbei und was blieb, waren Symptome.
Von Reizhusten über extremen Schnupfen und letztendlich einem Paukenerguss im Ohr, sodass ich fast nichts mehr hören könnte. Und die hielten sich hartnäckig.
Zu dieser Zeit, also in den letzten Wochen, habe ich mich immer wieder dabei erwischt, wie ich Wut für und über meinen Körper verspürt habe. Sätze wie „es reicht doch jetzt Mal“ oder „Ich wollte doch unbedingt im Mai einen Halbmarathon laufen“ und „Ich war gerade so gut im Sport“ kamen über meine Gedanken zu meinen Lippen und daraufhin zum Ausdruck. Es war so anstrengend und ich es fühlte sich alles so so unfair an.
Ich ernähre mich sehr gesund und treibe fast jeden Tag sport. Ich achte weitestgehend auf meine Vitamine und Supplements. Und trotzdem halten sich diese Symptome so hartnäckig? „Was soll das?“ „Was willst du denn noch?“
Es kamen Ängste in mir auf. „ich werde bestimmt zunehmen“, „jetzt muss ich darauf achten, was ich esse“, „meine sportlichen Leistungen fallen total ab“.
Ich merkte, dass diese so tief aus meinem inneren kamen, dass sie mich schockierten. Warum? Weil ich dachte, ich hätte diese Themen bearbeitet und kein Problem mehr damit.
Guess what? Wohl nicht ;-).
ERKENNTNIS
Ich hinterfragte mich und mir wurde bewusst, dass ich tatsächlich kein Problem mehr mit diesen Themen hatte. Aber nur, wenn ich mein regelmäßiges Sportpensum einhielt. BÄM. Das wars. Voll in die Fresse.
Schlagartig wurde mir klar, dass ich wieder gegen meinen Körper gelebt habe. Dass er sich die Pausen wieder selbst holen musste. Und der Grund, warum es dieses Mal so lange war ist ganz einfach. Ich hätte ansonsten nach einer Woche direkt wieder so weitergemacht wie vorher. Btw. hatte ich die ganze Zeit auch über den Gedanken, einfach wieder anzufangen. Ich bin ehrlich mit dir. Aber ich habs nicht getan. Irgendwas in mir sagte mir, dass ich warten soll.
Ich will hier garnicht predigen, dass Sport schlecht ist. Im Gegenteil. Ich liebe Sport und ich liebe den Ausgleich, das Auspowern und das Gefühl dabei. Sport ist unglaublich wichtig. Und es ist natürlich ein schöner Nebeneffekt, weitestgehend essen zu können, was ich möchte und mich in meinem Körper wohlzufühlen.
Doch genau das war der Punkt, über den ich dachte, ich sei hinweg. Sport machen um Gut auszusehen. Ich wollte doch eigentlich Sport treiben, um gesund zu sein und zu bleiben.
Und nun… ich habe mich ertappt. Mal wieder. Und dieses Mal mit voller Wucht. Ich hatte noch nie in meinem Leben so lange, so heftige Krankheitssymptome wie dieses Mal. Ich musste einfach aufwachen. Ich musste einfach darauf hören.
Musste dieses flehen wahrnehmen. In mich spüren. Wirklich zuhören. Was fehlt mir? Was fehlt meinem Körper?
Und mir wurde ganz schnell klar, was es ist.
Sanftheit.
Sanftheit.
SANFTHEIT.
Sanft mit mir zu sein. Auf meinen Körper zu hören. Mich zu fragen: Welchen Sport will ich denn gerade überhaupt machen? Warum ziehe ich meine ständige Routine durch, wo ich doch schon längst merke, dass mir anderes mehr Spaß macht?
Ich weiß, es ist aus Angst. Angst, das Bild von mir selbst zu verlieren. Angst, mich unwohl in meinem Körper zu verlieren. Und damit auch die Angst: wie sehen mich andere? Ey ich bin wirklich ehrlich, ich dachte das wäre vorbei. Aber es ist okay. Es ist okay, dass nicht alles woran man gearbeitet hat, für immer weg ist. Manchmal schlummert ein kleiner Teil noch unter der Oberfläche und hat nicht den Raum, aufzutauchen. Wir alle leben in Prozessen. Und es ist okay, wenn sich Dinge wiederholen. Wir dürfen weiter lernen. Tiefer lernen, tiefere Verbindungen schaffen.
ZYKLEN
Ich erfuhr, dass mein Körper mir ganz genau sagt, was er gerade möchte.
Krafttraining, wenn es an der Zeit ist. Auspowerndes Pilates, Joggen zu einer anderen Zeit. Yoga wiederum an anderen Tagen.
Mir fiel es wie schuppen von den Augen. Ich versuche, ein sehr zyklisches Leben zu führen. Angepasst an meinen Zyklus (falls du meinen anderen Artikel gelesen hast, weißt du: mein liebstes Lieblingsthema).
Und trotzdem habe ich meine Sportroutine nie an meinen Zyklus angepasst. Wieso? Es ist doch so klar, dass es (nach meinem Empfinden und meiner Expertise in diesem Thema) für uns Frauen einfach unnatürlich ist, zu jeder Phase des Zyklus genau gleich zu trainieren.
Und das war es, was ich tat. Jede Woche 2-3 Mal Krafttraining, Joggen, Pilates. Immer. Und versteht mich nicht falsch, ich fühlte mich wundervoll. Wie gesagt, Sport gehört zu mir wie das atmen. Aber ich vergaß meinen Körper dabei. Ignorierte Erschöpfungssymtome in meinem Zyklischen Herbst/Winter. War durchflutet von Dopamin und Glückshormonen.
Pushte mich so sehr, dass ich die gleichen Leistungen wie immer abrufen konnte. Ich war stolz auf mich und gleichzeitig merkte ich nicht, wie unnatürlich es ist. Wie sehr es nicht meiner Natur entspricht. Wie sehr es mich ausbrennt.
Und ich durfte mich erinnern. An das wundervolle Geschenk eines (weiblichen) Körpers, welches ich erhalten habe. An das magischste Geschenk der Welt, einen Menstruationszyklus.
Und plötzlich war diese Sanftheit da. Der Ärger, die Wut gegenüber meinem Körper war nur noch ganz klein, ja, es war fast weg.
AUFATMEN
Ich spürte eine tiefe und unendliche Dankbarkeit. Eine Dankbarkeit für meinen Körper. Für mein Wesen und auch für die Zeit, die ich erfahren durfte.
Wie krass ist es eigentlich, was man plötzlich für ne Zeit hat? Nicht jeden Tag nach der Arbeit noch 1 1/2 Stunden fest für den Sport eingeplant zu haben und danach völlig erschöpft nach Hause zu kommen und sehr wenig bis keine Kapazität für anderes zu haben…
Ja, ich verspürte sogar Dankbarkeit für die lästigen Symptome, die einfach kein Ende nehmen wollen. Sie waren und sind mein Lehrer. So wundervolle, wertvolle Lehrer.
Sport sollte nichts mit Druck zu tun haben, nichts mit dem unwiderstehlichen Drang, gut aussehen zu müssen. Sport ist ein Geschenk. Sport kann missbraucht werden. Und ich merkte es nicht einmal.
Ich merkte nun, wie gut es mir tat, einfach nichts zu tun. Stundenlang im Wald zu sein. ENDLICH WIEDER. Ganz sanftes Yoga zu praktizieren um mich zu spüren und meinen Körper zu unterstützen. Meine Kreativität flammte wieder auf.
Und welch Überraschung, ich fühle mich noch genauso wohl in meinem Körper, wie vor 4 Wochen, als ich noch Sport machen konnte. Ich fühle mich sogar verbundener. Und ich habe nicht zugenommen.
VERSCHMELZUNG
Ich will nochmal ganz klar hervorheben:
Ich liebe Sport und Sport ist was wundervolles. Ich freue mich auch so sehr darauf, wenn mein Körper mir die Erlaubnis gibt, wieder zu starten.
Jedoch bewusster, sanfter, zyklischer. Mit meinem Körper zusammen. Und wenn ich den Halbmarathon laufen will, dann laufe ich ihn. Ich liebe Ziele und ich erreiche sie auch. Nun jedoch in einem sanfteren Tempo. Ohne mich und meinen Körper in solch einen Stress zu versetzten, dass ich krank werde.
Es ist so ein Geschenk Sport machen zu können. Oh Gott ja, was ein unglaubliches Geschenk.
Und so haben mein Körper und ich uns in den letzten Wochen wieder angenähert. Ich glaube, wir sind uns näher als je zuvor.
Und ganz vielleicht konnte ich auch dich ein wenig mitnehmen, inspirieren? Sei nicht so streng mit dir selbst und sei nicht so streng mit deinem Körper.
Er gibt alles für dich, was er kann.
Immer.
Gerade als Frau dürfen wir uns jedoch vor Augen halten, dass es ganz normal und natürlich ist, dass wir in unserem Zyklus aus sportlicher Sicht nicht immer 100 Prozent geben können. Jede Phase steht für etwas anderes.
In jeder Phase hast du andere Energie. Für andere Dinge. Mal mehr, mal weniger. Mal für das außen, mal für dein innen.
Hör einfach zu und spüre.
Dein Körper spricht mit dir.
Wir sind WUNDER.