GRENZEN SPRENGEN – wie tanzen mich veränderte

Als ich das erste mal vor circa zwei Jahren auf einem Ecstatic-Dance war, tobte in mir ein Wirbelsturm voller Emotionen. For real, ich hab mich da angemeldet, weil ich es mich irgendwie gerufen hat und dauf dem Weg dorthin wollte ich auf halber Strecke wieder umdrehen.

Was ging da in mir vor? Ich hatte so Angst und eine innerliche Scham: was wohl die anderen dort von mir denken? ob ich wohl schön genug tanzen kann? ob ich komisch angeschaut werde? ob ich Anschluss finde oder (was zu einer meiner tiefsten Wunden gehört) ob ich ausgegrenzt werde?. Die komplette Fahrt dorthin wurde durch nichts anderes als diese Gedanken geprägt.  Ich fragte mich wirklich: „bist du bescheuert oder so? Wieso machst du das? Warum auf einmal tanzen?“

Und doch war da dieser Funken in mir, dieses auf kleinster Flamme ausharrende Feuer, dass mich dazu trieb, hinzugehen. Es war unmöglich umzudrehen. Ich wollte es so sehr, aber ich wurde durch irgendwas abgehalten.

Ich kam an, parkte und rauchte noch eine Zigarette. Hauptsache Zeit schinden, nicht reingehen zu müssen. Doch kurz vor beginn ging ich einfach los. Augen zu und durch. Ich betrat den Vorraum und dachte schon „Oh Gott, alles was ich dachte ist wahr, die kennen sich alle“. Was natürlich großer quatsch war. Natürlich gab es welche, die sich schon von vorherigen Veranstaltungen kannten. Auch ich kannte (welch Überraschung) tatsächlich 2 Menschen schon. Und doch waren auch viele dort, deren erstes Mal es ebenso war.

Ich kam sofort ins Gespräch mit einem wundervollen Menschen, einer Seele mit der ich mich nach wie vor sehr verbunden fühle und habe mich nicht mehr ganz so klein gefühlt. „Okay, durchatmen. Es ist eigentlich ganz cool hier.“

Auch der Gedanke, dass dort nur junge Menschen sind, die alle wie wunderschöne Elfen aussehen, durfte ich ablegen und war fasziniert. Natürlich waren alle Menschen dort wunderschön. Und zwar jeder auf seine eigene Art und Weise. Und was mich am meisten begeisterte: es waren alle Altersgruppen vertreten! ALLES! Junge Menschen, alte Menschen. Ich fühlte mich sicher.

Dann ging es los. Es ging in den eigentlichen Tanzraum und es kam zum Willkommenskreis. Kurz darauf begang schon die Musik. Sanfte Töne, Klänge, Frequenzen, die einluden, ganz zart und langsam in die Bewegung zu kommen. 

Ich erwischte mich dabei, wie ich die anderen beobachtete und schaute, wie diese sich bewegten. Ich übernahm einige Bewegungen, weil er mir noch sehr schwer fiel, loszulassen.

Die Musik wurde stetig immer lauter, intensiver. Ich schloss die Augen, weil ich niemanden mehr beobachten wollte. Ich wollte meinen eigenen Körper entscheiden lassen. Mich fließen lassen. Und ab diesem Moment konnte ich loslassen. Ich ließ mich treiben, gemeinsam mit den Frequenzen die mich durchströmten, bewegte sich mein Körper einfach. Ohne darüber nachzudenken. Das was kam, war okay. Das fühlte sich unglaublich an. Ich konnte mir vollkommen vertrauen.

Und trotzdem würde ich lügen wenn ich sagen würde, mein Kopf wäre die ganze Zeit aus gewesen :D. Als sich irgendwann nicht nur meine Hüften und meine Beine bewegten, sondern auch meine Arme in die Luft wollten, schaltete sich meine innere Kritikerin ein. „Was ist, wenn die anderen dich doof anschauen?“. Schon waren meine Augen offen und die Scham setzte ein.

Ich beobachtete einen kurzen Moment all die anderen, wunderschönen Menschen und spürte, dass alles was ich tue genau richtig ist. Ich musste lächeln und fühlte mich so wohl wie schon lange nicht mehr.

Ich atmete, ich schwitzte, ich tanzte so losgelöst. Die Musik wurde wieder ruhiger, alles wurde wieder langsamer. Die Bewegungen nicht mehr so ekstatisch sondern gefühlvoller, fließender und zärter. 

Es war wie ein Höhepunkt, der langsam ausklingen durfte. Ich legte mich hin, spürte meinen Körper pulsieren, mein Herz schlagen und mein Blut rauschen.

Das hier hat mein Leben verändert, dachte ich in diesen Moment. 

Ich fuhr nach Hause und wusste nicht so recht, was hier gerade geschehen ist. Was ich jedoch wusste, dass ich nie wieder aufhören kann, zu tanzen. Tanzen ist genau das was ich gebraucht habe.

Ich habe mich ehrlich noch nie so selbstbewusst, selbstbestimmt und sexy gefühlt, wie in diesem Moment.  Mein Körpergefühl war KOMPLETT neu. Die kleine Flamme in mir wurde zu einem Feuer, welches bis heute kraftvoll lodert.

Auf meiner Reise (nenn es spirituelle Reise oder Lebensweg, für mich ist es einfach der Weg zu mir selbst) habe ich bis dahin nie viel von meinem Körper integriert. Viel meditiert, visualisiert, aufgelöst. Was natürlich richtig und wichtig war. Und gleichzeitig habe ich gespürt, dass ich meinen Körper nach wie vor ablehnte. Ich musste jedoch erst das Bewusststein dafür bekommen.

Und genau das war diese kleine Flamme, die mir sagte, dass tanzen genau der Weg sein wird, der mich meinen Körper und somit mich ganzheitlich lieben lassen wird.

Bis heute hat sich dieses Gefühl von purer Liebe zu mir bei jedem tanzen verstärkt. Ganz egal, ob ich auf einem Ecstatic war, ob ich zu Hause getanzt hab oder ganz woanders. 

Ich kann mir nicht mehr vorstellen, nicht zu tanzen.

Und dabei habe ich vorher immer gedacht, ich könnte nicht tanzen.:D ich hätte kein Rhytmus im Blut und wäre nicht dazu gemacht zu tanzen.

Genau deswegen lade ich dich dazu ein, es auszuprobieren. Auch wenn dein innnerer Kritiker oder deine innere Kritikerin groß sind. Wenn nur ein kleines Fünkchen in dir brennt und irgendwas dir sagt, dass du es machen sollst, dann mach es. Bitte. Für dich. Es wird alles verändern.

Es ist ganz egal was du mitbringst, ganz egal ob du schonmal getanzt hast oder nicht (ich hatte bis zu meinem 1. Ecstatic auch nur im Club und unter Alkoholeinfluss „getanzt“), wie wohl du dich in dir fühlst oder nicht, wie Alt oder Jung du bist und dich fühlst, was auch immer deine Themen sind; du bist vollkommen und du bist willkommen. Genauso wie du bist. 

Hör auf die Stimme in dir.

Gib dich dem Fühlen hin.

Lass dich treiben.

Trau dich.
Tanz!

Du kannst das. <3

Edited with Afterlight Photo

KLEINER EXKURS:

WAS IST EIN ECSTATIC DANCE ÜBERHAUPT?:

Unter ekstatischen Tanzen versteht man ganz einfach dass Tanzen ohne Choreographie, ohne Vorgaben. Es läuft Musik, die vorher spezifisch ausgewählt wird. Es wird viel Musik mit Frequenzen verwendet. Dies unterstützt einen genau dabei, ins spüren zu kommen. Rhythmische Klänge, Trommeln, alles darf dabei sein. Die Musik soll jeden einzelnen genau dort abholen, wo er gerade steht. Alle Bewegungen sind möglich. Vertrau da deinem Körper, der zeigt dir genau, wie er bewegt werden will.

Der Tanz teilt sich in 3 Phasen auf:

  • Anfang – Aufbauphase:
    • sanfte Klänge
    • Ankommen, reinspüren
    • langsame Bewegungen
    • stetiger Aufbau, es wird immer heißer, lauter, eindringlicher

  • Mittelteil – Ecstatic:
    • wild, viel Bass, losgelöst
    • starke, laute Musik
    • „Ekstatisch“: man fühlt sich vlt. freier und traut sich mehr
    • oft auch Laute, Geräusche der Tanzenden
    • alles darf raus, was raus will
    • starke Gefühle
    • Verbundenheit
    • die Scham darf gehen

  • Abklingen – Abbauphase:
    • Musik wird merklich ruhiger
    • nachspüren der Ekstatik
    • wieder sanftere Bewegungen
    • Gefühle wahrnehmen
    • Endet mit der Schlussentspannung und sanften Klängen.

Diese drei Phasen gehen flüssig ineinander über. Man spürt sie einfach während des Tanzens. Man wird während allen Phasen durch die Raumhalterinnen gehalten. Das heißt, egal welche Gefühle hochkommen und sich zeigen wollen, sie sind willkommen. Man darf weinen, schreien, rumtoben, liegen. Alles was du gerade brauchst. Es gibt eigentlich keine Regeln. Lediglich folgende Vorgaben, um ein gemeinsames und sicheres Tanzen zu erleben:

  • wir tanzen Barfuß oder mit Socken,
  • kein Alkohol und keine Drogen,
  • kein Sprechen während des Tanzens,
  • gemeinsames Tanzen ist erlaubt (KONSENS!).

Gerade auf das Thema mit dem Alkohol und Drogen wurde ich schon oft angesprochen. Unter Alkohol und Drogen zu tanzen, ist für viele einfach, da man losgelöster ist. Da man die Scham besser im Griff hat. Und genau darum geht es! Um das bewusste tanzen, das bewusste loslassen der Scham ohne irgendwelche Substanzen, die es einem einfacher machen.

Das ist das große Geschenk das wir durchs tanzen erfahren dürfen. <3

Uns wahrhaftig zu begegnen. Hi zu uns selbst zu sagen und uns zu tragen.

Ich hoffe, ich konnte dir den Ecstatic-Dance ein bisschen näher bringen. Vielleicht magst du es ausprobieren, dann freu ich mich, wenn wir uns vielleicht mal sehen :-). Vielleicht hast du aber noch fragen, dann stell sie mir gerne.

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